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Studieren statt Stricken

Immer mehr über 50-Jährige besuchen die Universität. Ein neuer Senioren-Studienführer hilft beim Überblick über die Bedingungen an deutschen Hochschulen. Drei Jahre bevor Monika Dubbel in Rente ging, überlegte sie, was sie künftig mit ihrer freien Zeit anfangen wolle. Ein Musikinstrument lernen? Einen Fotokurs besuchen? Oder sich ehrenamtlich engagieren? Die heute 60-Jährige entschied sich für ein Seniorenstudium an der Universität Frankfurt.

„Die Prämisse war, nicht durch Vorgaben verpflichtet zu sein, sondern allein durch das Interesse an der Sache“, sagt die ehemalige Umweltreferentin. Jetzt arbeitet sie seit sieben Semestern am Forschungsprojekt „Soziale Gerontologie“ mit und investiert etwa zwei Stunden täglich in ihre Weiterbildung.

Etwa 50000 Studenten über 50 sind derzeit an deutschen Universitäten eingeschrieben. Anders als die Jungen tun sie es ganz ohne Zwang und aus Spaß daran, ihr Wissen zu vermehren und Bekannte zu finden. Sie besuchen Vorlesungen zum römischen Leben oder zur Entstehung der lateinischen Theologie in Nordafrika.

Das Interesse am Studium für über 50-Jährige ist in den letzten Jahren stark gestiegen. „Das Bild der Decken häkelnden Seniorin gilt nicht mehr“, sagt Bernd W. Schmitt, Bildungsreferent des Akademischen Vereins der Senioren (AVDS) in Würzburg. Die studierenden Senioren seien oft Menschen, die aus persönlichen Gründen entweder nicht zum Studieren kamen oder nicht das studieren konnten, was sie interessierte. Das wollen sie jetzt nachholen. Die „neue Mentalität“ werde durch die Generation der 68er bestärkt.

Der AVDS will diesen Trend jetzt erstmals mit einem Studienführer durch deutsche Universitäten begleiten. Denn für das Studium für ältere Menschen gibt es keine einheitlichen Organisationsformen. Während beispielsweise an der Technischen Universität Darmstadt Senioren für 50 Euro Semestergebühr als Gasthörer an Vorlesungen teilnehmen können, bietet die Johannes-Gutenberg-Universität Mainz mit dem „Studieren 50 plus“ ein spezielles Studienprogramm mit Veranstaltungen, die an den Interessen und Bedürfnissen älterer Menschen ausgerichtet sind. Die Veranstaltungen sind ohne Abitur zugänglich, die Teilnahme kostet jeweils bis zu 130 Euro.

Federführend ist die Goethe-Universität Frankfurt, wo seit 1982 die „Universität des 3. Lebensalters“ existiert. Sie ist ein offenes Angebot, bei dem Veranstaltungen aus verschiedenen Studiengängen gewählt werden können. Abitur ist nicht erforderlich, die Studiengebühr liegt bei 100 Euro pro Semester. Prüfungen können nicht abgelegt werden. Jedoch gibt es wie in Mainz ein mehrsemestriges interdisziplinäres Studium, das mit einem Zertifikat abgeschlossen werden kann. Nur mit Abi kommen Senioren hingegen in die Ludwig-Maximilians-Universität München. Unabhängig von der Organisationsform sind laut AVDS vor allem Fächer wie Archäologie, Geschichte oder Philosophie gefragt.

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